Seit etwa 10 Jahren wird – angestoßen durch die Graswurzelbewegung „Roses Revolution“ – mit stetig wachsender Aufmerksamkeit das Phänomen Gewalt in der Geburtshilfe diskutiert (vgl. u.a. Jung 2024, 2023; Leinweber et al. 2021). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Vermeidung und Bekämpfung von Respektlosigkeit und Missbrauch in der Geburtshilfe seit 2014 auf ihre Agenda gesetzt (vgl. WHO 2014), und auch die UN-Generalversammlung (2019) und der Europarat (2019) verurteilen Gewalt in der Geburtshilfe als massive, weltweit vorkommende und systemisch eingelagerte Formen von Menschenrechtsverletzungen, als Form von Gewalt gegen Frauen sowie als Ausdruck geschlechtsspezifischer Diskriminierung. Zugleich weisen empirische Befunde darauf hin, dass Gewalt gegen Gebärende häufig eingelagert ist in institutionelle Settings und Arbeitsplatzkulturen, die insgesamt von Abwertung, Angst, starren Hierarchien
und von dem Erlernen und der Weitergabe von Gewalt auch zwischen Geburtshelfer*innen geprägt sind.
Im Vortrag werden einführend Begriffe, Konzepte und empirische Befunde zur Entstehung und zum Vorkommen von Gewalt in der Geburtshilfe dargelegt. Es wird gezeigt, wie Gewalt in der Geburtshilfe in sozialen Bewegungen, internationalen Organisationen und in der Fachöffentlichkeit in Deutschland verhandelt wird und Eingang in Policy-Dokumente und Rechtsnormen gefunden hat.